Kreativität und mentale Gesundheit

Die Idee, dass große Kunst, jede Form von Kunst, Leiden, Qual und Schmerz voraussetzt, ist ziemlich weit verbreitet. Auch unter Künstlern.

Die Furcht, ob die Arbeit, die man macht, gut genug ist. Ob man jemals Erfolg haben wird. Wenn man Erfolg hatte, die Furcht, ob mal jemals wieder an diesen Erfolg wird anknüpfen können. Denn alles, was man nach einem Erfolg machen wird, wird daran gemessen werden.

Leid, Qual, Schmerz, Kreativität und Kunst scheinen in einem engen Zusammenhang zu stehen. Jede Form von Exzess findet man in dieser Bevölkerungsgruppe. Scheint quasi zur Jobbeschreibung von Kreativen zu gehören. Die Todesrate ist auch recht hoch.

ABER, und wie schön ist es, hier ABER zu sagen: Das kann man auch ganz anders sehen. Und eine, die das ganz anders sieht, ist Elizabeth Gilbert. Hier in ihrem wunderbaren, sehr klugen TED-Talk über „Your elusive creative genius.“

Unter anderem berichtet sie davon, dass die Griechen und die Römer einen ganz anderen Blick auf die Welt der Kreativität hatten. Sie sahen nicht bestimmte Menschen als Genies an.

Vor allem nach der römischen Auffassung ist ein Genie ein magischer, kreativer Geist (spirit), also wörtlich ein kreativer Geist, der zu einem Künstler kommt, aber eben nicht ein bestimmter Mensch ist.

Und dieser kreative Geist hilft dem Künstler und ist auch mit verantwortlich für das Ergebnis der Arbeit des Künstlers. Wie praktisch. Schon gibt es eine Distanz zwischen dem Ergebnis und dem Menschen. Und der Mensch trägt nicht mehr die Last von Erwartung, Erfolg, Misserfolg allein.

Dieser Blickwinkel scheint mir der gesündere zu sein. Zum einen nimmt es den Druck von den Menschen, die bereits kreativ unterwegs sind. Sie bleiben uns länger erhalten. Und sind wahrscheinlich auch produktiver.

Und dieser Blickwinkel macht auch mehr möglich. Denn wenn man gar kein Genie zu sein braucht, um kreativ zu sein, kann ja jeder einfach mal anfangen.

Der magische, kreative Geist wird schon kommen. Nicht immer. Nicht immer sofort. Und er wird auch nicht immer wahnsinnig kreativ sein. Ist ja auch nur ein Geist. Aber er wird kommen, wenn er mitbekommt, dass wir es wirklich ernst meinen.

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