Freundlicher Eigensinn

Vor ein paar Wochen wartete ich an einer Fußgängerampel. Vor mir stand eine Person, die mit einer hellen Jacke bekleidet war. Auf dem Rücken waren in ordentlicher Schrift Zeile für Zeile Beleidigungen, Herabwürdigungen, Beschimpfungen und Drohungen aufgeschrieben. Es war für jeden etwas dabei.

Ein Wunder, dass die Jacke den Menschen nicht erstickt hat. Was hat den Menschen dazu bewogen, so zu handeln? Wollte er seine Verzweiflung, seinen Schmerz kundtun? Wollte er andere verletzen, erniedrigen? Aber, wer sucht sich schon selbst eine Beleidigung aus? Wer würde sich schon selbst solchen Schmerz zufügen?

Die Worte auf der Jacke waren mir fremd. Während des Lesens kam mir trotzdem etwas bekannt vor. Eine Stimme, die mir vertraut ist. Sie benutzt mir gegenüber andere Worte, aber die negative, destruktive Wirkung ist ähnlich. Es ist meine eigene.

Dieser Mensch hat aufgeschrieben, was in seinem Kopf los ist, was er anderen sagen will, vor allem aber, was er sich selbst sagt. Er hat damit nur sichtbar gemacht, was wir uns alle in irgendeiner Form selbst sagen. Die Beleidigungen, die wir uns selbst an den Kopf werfen. Den Schmerz, den wir uns selbst zufügen.

Diese Einsicht ist auf den ersten Blick wenig erfreulich. Auf den zweiten Blick ist sie eine wunderbarer Ausgangspunkt, sich genau dieses Verhalten mehr und mehr bewusst zu machen.

Zum einen, um zu lernen, das destruktive Verhalten Schritt für Schritt abzustellen und freundlicher mit uns selbst umzugehen. Zum anderen, um nicht andere Menschen oder Umstände für die negativen Gefühle, die wir selbst in uns hervorgerufen haben, verantwortlich zu machen.

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Aufgabe Nr. 4

Ich nehme gerade an einem Online-Workshop teil. Es gibt wenig Vorgaben. Es gibt zehn Aufgaben, die man beantworten kann. Wann ist einem selbst überlassen. Es ist nur klar, dass am 01.01.2019 alles vorbei ist. Die Teilnehmer posten ihre Antworten und Gedanken auf einer Lernplattform, die anderen Teilnehmer kommentieren. Wir sind alle angehalten, mehrere posts von anderen in einer freundlichen, fördernden Weise zu kommentieren.

An Aufgabe Nr. 4 habe ich festgehangen. Seit drei Wochen. Es gab verschiedene Varianten, wie ich damit umgehe:

  1. Ich mache nichts.
  2. Ich versuche die Aufgabe Nr. 4 so gut wie möglich zu lösen, egal wie lange es dauert.
  3. Ich setze mir einen Termin und was immer ich zu diesem Zeitpunkt habe, poste ich auf der Lernplattform und schaue was passiert.

Variante 1 kam nicht in Frage. Aufgeben ist keine Option. Ich will ja etwas lernen. Deswegen mache ich den Workshop ja.

Variante 2 hatte ich drei Wochen lang ausprobiert. Das hat mich nicht weit genug vorangebracht. Es bestand die Gefahr, dass ich so viel Zeit damit vertue, dass ich die anderen Aufgaben nicht mehr bearbeiten kann. Blieb also Variante 3.

Für jemanden, der nicht ohne Grund über die Tücken des Perfektionismus schreibt, ist diese Variante sehr gruselig. Es hat sich schrecklich angefühlt.  Aber ich habe es veröffentlicht. Augen zu und durch.

Das Ergebnis ist folgendes:

  1. Ich bin nicht tot umgefallen und auch nicht vor Scham im Boden versunken, nicht mal ein ganz kleines bisschen.
  2. Ich habe Abstand zwischen meine Gedanken und mich gebracht.
  3. Punkt 2 führt dazu, dass ich das Thema, meine Antwort und die Rückmeldungen unbefangener durchdenken kann.
  4. Die Rückmeldungen waren freundlich und hilfreich.
  5. Was aussah wie ein Schritt nach hinten oder ein Schritt zur Seite, war tatsächlich ein Schritt nach vorn.
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Our deepest fear

Das erste Mal habe ich den folgenden Text an einer Hauswand in einem entlegenen Teil eines aus mitteleuropäischer Sicht ziemlich entlegenen Teils dieser Erde gesehen. Er hat mich nicht mehr losgelassen. Und nun habe ich ihn in dem Buch von Marianne Williamson „A Return to Love“ wiedergefunden.

„Our deepest fear is not that we are inadequate. Our deepest fear is that we are powerful beyond measure. It is our light, not our darkness, that most frightens us. We ask ourselves, Who am I to be brilliant, gorgeous, talented, fabulous? Actually, who are you not to be? You are a child of God. Your playing small doesn’t serve the world. There’s nothing enlightened about shrinking so that other people won’t feel insecure around you. We are all meant to shine, as children do. We were born to make manifest the glory of God that is within us. It is not in some of us; it is in everyone. And as we let our own light shine, we unconsciously give other people permission to do the same. As we’re liberated from our own fear, our presence automatically liberates others.“

„Unsere größte Angst ist nicht, dass wir ungenügend sind. Unsere größte Angst ist, dass wir unvorstellbar mächtig sind. Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit, wovor wir uns am meisten fürchten. Wir fragen uns: Wer bin ich schon, um brilliant, großartig, talentiert, fabelhaft zu sein? Aber, wer bist Du, es nicht zu sein? Du bist ein Kind Gottes. Dich klein zu machen, dient der Welt nicht. Es liegt nichts Erleuchtendes im Schrumpfen, so dass andere sich nicht unsicher fühlen in Deiner Gegenwart. Wir sind alle dazu bestimmt zu leuchten, so wie Kinder es tun. Wir sind geboren, die Herrlichkeit Gottes, die in uns allen liegt, sichtbar zu machen. Sie liegt nicht nur in einigen von uns, sondern sie ist in jedem. Und so wie wir unser eigenes Licht scheinen lassen, geben wir unbewusst anderen Menschen die Erlaubnis das gleiche zu tun. So wie wir uns von unserer eigenen Angst befreien, befreit unsere Anwesenheit automatisch auch andere.“ (Die holprige Übersetzung ist von mir.)

Wenn Dich die Erwähnung Gottes mit Unbehagen erfüllt, lass Dich davon nicht abschrecken. Es funktioniert auch mit dem Universum oder mit jeder anderen positiven, abstrakten Macht.

Interessant ist: Es könnte etwas dran sein … an der Angst vor unserem eigenen Licht.

Was nun?

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