Begleitung in dunkelsten Stunden

Gestern habe ich bereits über das Interview von Chase Jarvis mit Elizabeth Gilbert geschrieben. Heute will ich noch auf einen anderen Punkt zurückkommen. Elizabeth Gilbert beschreibt eine tägliche Übung, die sie seit ca. 20 Jahren praktiziert. Ein Dialog zwischen ihr und der Liebe. Die leicht umzusetzen ist. Und vielleicht ist das etwas, was hier heute jemand braucht.

Angefangen hat sie, als sie in ein tiefes Loch gefallen war, nicht ein und aus wusste und nur noch wollte, dass jemand kommt, sie rettet und in Sicherheit wiegt. Und obwohl sie großartige Menschen um sich herum hatte, konnte niemand ihren Bedarf an Zuwendung abdecken. „… Keiner konnte das abdecken. Niemand. Denn manchmal müssen Menschen schlafen, etwas essen oder zur Arbeit gehen. …“

Sie kommt an den Punkt, dass sie mitten in der Nacht, in einem Anfall von Verzweifelung, ihr Notizbuch zu Hand nimmt und überlegt: „Was sind die Worte, die ich immer von einem anderen Menschen hören wollte? Kann ich das zu mir selbst sagen?“

Und sie schreibt diese Worte auf: „Ich bin da. Ich halte Dich. Ich werde Dich immer halten. […] Es kümmert mich nicht, ob Du für den Rest Deines Lebens depressiv bleibst. Ich liebe Dich trotzdem. Es kümmert mich nicht, […] Ich bin da. Ich war da als Du geboren wurdest und ich werde da sein, wenn Du stirbst. […] Ich werde Dich niemals verlassen. […] Du kannst mich nicht ermüden. Wir können das hier die ganze Nacht machen. Du wirst müde werden, bevor ich müde werde. Ich liebe Dich so sehr. Das sind die Worte, die ich immer von einem anderen Menschen hören wollte. Und das ist ein bisschen viel verlangt.“

Und sie findet heraus, dass die andere Stimme, die da spricht, die Liebe ist. Universale Liebe. Und seitdem schreibt sie sich jeden Tag einen Liebesbrief. Manchmal ist es auch ein Dialog.

Und egal was Elizabeth Gilbert schreibt, die Liebe antwortet immer: „Ich bin hier. Ich bin hier. Ich bin hier. Ich bin bei Dir. Ich gehe nirgendwo hin. Ich halte Dich.“ Und wenn sie fragt: „Was soll ich tun?“, antwortet die Liebe: „Ich weiß es nicht. Das ist nicht meine Abteilung. Ich liebe Dich einfach nur.“

Elizabeth Gilbert: „Sag mir, wie das hier endet.“

Die Liebe: „Ich habe keinen Zugang zu dieser Information, aber ich bin bei Dir, egal wie es ausgeht.

Elizabeth Gilbert: „Wenn Du mir nicht sagen kannst, was zu ich tun soll und wenn Du mir nicht sagen kannst, wie das hier ausgeht, wozu bist Du dann gut?“

Die Liebe: „Ich bin Begleitung in Deinen dunkelsten Stunden und werde es immer sein. Das ist mein Nutzen, deswegen bin ich hier.“

Elizabeth Gilbert: „Und dann kann ich anfangen zu atmen.“

So, dieser Beitrag ist ziemlich lang geworden. Aber ich fand es zu wichtig, um nicht so lang darüber zu schreiben. Man braucht vielleicht ein wenig Vorstellungskraft, aber an sich ist diese Übung leicht nachzumachen. Vielleicht hilft es ja irgendjemandem. Anzufangen zu atmen.

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