Angst auf Abstand

Schwatzend gehen das Kind und ich Richtung Kasse. Am Ende der Warteschlange eine Frau mit Kinderwagen. Wir stellen uns – mit Abstand – an, die Frau unruhig. Kurz darauf schnappt sie nach mir. Ob wir nicht Abstand halten können! Können wir und treten ein paar Schritte zurück.

Der Teil von mir, der auch so klitzekleine Momente gern zum Anlaß nimmt, sich aufzuregen und sei es auch nur innerlich, springt kurz an und entscheidet sich dagegen. Der Rest ist sowieso schon damit beschäftigt, die Frau anzuschauen. Sie ist sehr unruhig.

Die Frau hat Angst. Das Ausmaß ist irritierend. Sie vergewissert sich ständig nach allen Seiten, dass sie Abstand hält, dass alle anderen Abstand zu ihr und dem Kind halten. Das sieht anstrengend aus. Die Angst begleitet sie schon länger. Ist in ihren Bewegungen, in ihrer Stimme, im Gesicht.

Ob die Angst begründet ist oder nicht – wer will das schon beurteilen – ist egal. Die Frau hat Angst. Jetzt. Hier. In diesem Moment. Wir halten Abstand. Mehr können wir nicht für sie tun. Mehr will sie auch nicht von uns. Wir halten einfach Abstand.

Ich hoffe, sie sind gut zu Hause angekommen und (mangelnder) Abstand ist kein Problem mehr – zumindest bis zum nächsten Morgen. Ich wünsche mir, dass sie eine ruhige, friedliche Nacht haben, dass sich ein Teil der Angst einfach auflöst und die Last ein wenig leichter wird. Und Dir wünsche ich das auch. Wie auch immer Deine Angst und Deine Last aussieht.

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